Was letzte Preis

Lieber Tagesbuch,

fragt mich mein gegenüber über die Chatfunktion des Anbieters. In der Frage, die hier durch den extrem kurzen Satzbau des Senders fast schon in das unleserliche gesteigert wird, steckt die Intention, mir letzte Geheimnisse über meine Grenzen bezüglich des Wertes der von mir angebotenen Ware zu entlocken.

Basarisch würde ich jetzt mit einem exorbitanten Preis beginnen, in etwa 200.000 € für einen Beutel weißen Pfeffers von 100 Gramm. Da wir uns aber zu Beginn des 21.Jahrhunderts befinden, würde uns beiden sehr schnell bewusst, dass hierzulande nicht mehr die Preise des kruden und gewalttätigen Mittelalters zählen – sondern die hundert Gramm im Einkauf zwischen 20 und 30 Cent schwanken. Je nach Qualität und Entfernung zum Anbauland versteht sich. Man will ja nicht um den heißen Brei reden und bringt also einen ziemlich realistischen Preis heraus, der natürlich als die absolute Untergrenze angesehen werden kann – was hätte sonst die Frage nach dem letzten möglichen Limit nach unten auch für einen Sinn?

Kaum hat man seine Vorstellung eingespeist in das System aus Einsen und Nullen und die Nachricht fliegt in Windeseile über optische Kanäle zum Gegenüber irgendwo im wilden Kurdistan – welches sich natürlich in Wirklichkeit heute direkt um die Ecke im nächsten Stadtteil befindet, kann man sich schon das fürchterliche Gelächter auf der Gegenseite vorstellen – um danach ein Angebot gesendet zu bekommen, welches im Idealfall nur 1 Prozent der genannten Summe beträgt. Und dies mit einer Inbrunst an Weltwissen, die einem die Sprache oder in diesem Fall die Tastatur wegschlägt.

Völlig inakzeptable Angebote sind heute ja auch scheinbar in allen Lebensbereichen vollkommen an der Tagesordnung. Ich möchte nicht wehleidig oder als rückwärtsgerichtet erscheinen, aber hätten sich Autohersteller in den 90ern getraut, einen Mittelklassewagen für knappe 40.000 Mark auf den Markt zu bringen? Mittelklasse? Also so in der Art Golf und Konsorten?
Hätte man diesen dann überhaupt in die nähere Auswahl einbezogen? Klar, kommst du jetzt mit Inflation und so. Aber, mein junge, zwischenzeitlich gab es eine massive Abwertung, um knapp die Hälfte. Genannt Euro. Der ja auch nur gefühlt teurer ist.

Nun. Für eine Bratwurst hätte ich auf dem Basar aber eben keine 7 Mark bezahlt. Niemals. Weil ich wusste, dass der Herstellungspreis irgendwo um die 30 Pfennig lag- also wer auf meine Kosten dicken Reibach machen wollte, der war falsch gewickelt. Heute allerdings bekommt man nirgendwo mehr eine Wurst unter 2.50. Wie gut, wenn man keine mehr isst.

Vegan ist ja sowieso der bessere Mensch, habe ich mir sagen lassen.
Zumindest sind die Diskussionen heutzutage eher davon geprägt, dass man schneller alles besser weiß als früher. Wikipedia und Smartphones sei Dank. Aber in Zeiten von Faktencheck und unseriösen Nachrichten – wem soll man noch wirklich Glauben schenken, wenn nicht dem eigenen Instinkt? Glauben heißt eben nicht Wissen. Auch wenn dir religiös fanatische aller Richtungen heute etwas anderes erzählen mögen…

Über hunderte von Jahren von Generation zu Generation weitergegebene Werte können doch eigentlich nicht falsch sein. Ethik wandelt sich nicht derart schnell. Außer, man ist zum Beispiel immer noch Raucher. Dann wird man schnell an die Zeiten der Verfolgten und der Verfolger der Geschichte – egal wo und egal wann – erinnert. Der Mensch als des Menschen Wolf eben. Man denkt daran, wie sich wohl die Gebrandmarkten der jeweiligen Zeit gefühlt haben mögen…
Heute braucht man keine Abzeichen mehr. Die Ansammlung vor dem jeweiligen Gebäude gibt ja schon an, dass man sich zu der Sekte der Raucher bekennt.
Dass keine öffentlichen Anklagen und Verbrennungen stattfinden – kann man wohl getrost auf den Humanismus unserer Zeit schieben. Im Mittelalter war man da nicht ganz so zimperlich. Gut, da standen noch Feudalismus und Monarchie im Wege und auch zur Aufklärung bedurfte es erst einmal der Trennung von Kirche und Staat.

Heute trennt man ja eher das Volk vom Staate. Der Staat als sich mit sich selber befassendes Wesen. Welches den Krümmungsgrad der Banane oder Gurke bestimmt – und mitreden möchte in allen Belangen des öffentlichen Lebens. Dabei aber so wichtige Dinge wie den Ressourcenerhalt und die Pflege der Infrastruktur vollkommen hinten anstellt. Denn dazu ist kein Geld da. Wie auch, liegt ja nach der letzten Rettung auch alles bei den Banken. Wie soll da noch jemand was zusammenkratzen für Kitas oder Bildung?

Wozu auch Bildung? Man kann heute so schön Staaten lenken – ohne etwas zu tun oder zu wissen. Bewiesen ist dies ja nun schon mehrfach. Da brauche ich auch keinen täglichen Hinweis auf einen anderen Präsidenten irgendwo auf der Welt. Besser sind wir da ja auch nicht wirklich. Vielleicht nicht so alt und frisiert. Aber ganz sicher nicht besser. Ist aber immer einfacher mit dem Finger auf andere zu zeigen. Dann muss man sich nicht mit den eigenen Problemen beschäftigen…und das plumpe Volk ist abgelenkt. Ist ja auch gerade keine WM…Schade eigentlich.

Schöne neue Welt eben. In der sich jeder mit all den tollen Fakten der Bekannten beschäftigt, weil Gudrun gerade Melone in einem hippen Cafe in Wien isst. Oder der Peter im Stadion beim Fußball ganz begeistert seinen Schal schwenkt. Und wir dürfen alle sofort daran teilhaben.
Müssen dazu auch nicht einmal mehr vom Sofa aufstehen –außer um sich was zum knabbern oder trinken zu holen – und bekommen die Realität durch Fernseher und Smartphone direkt nach Hause geliefert. Was man so Realität nennt. Reality TV sicherlich nicht.

Schneller und immer schneller. Brauchte man damals noch Jahre um von China nach Europa zu reisen wie es einst ein gewisser Marco machte – kann man das heute gern selber mit seinem Polo in wenigen Tagen oder Wochen tun. Oder per Handy eben in Sekundenschnelle. Wobei das Handy selber erst einmal mit einem der riesigen Containerschiffe über die Meere geschippert werden muss um hier seinen täglichen Sklavendienst zu verrichten.

Und mir die Nachricht zu senden, auf die ich nun so lang gewartet habe. Denn heute sind schon Millisekunden quasi Jahrzehnte. Gefühlt halt, wie beim Seitenaufbau im Netz…

10 Euro. Das ich nicht lache. Nicht für dieses Teil. Da kann Er oder Sie sich einen anderen blöden suchen, wird er oder sie ja sicher auch finden.
An der nächsten Ecke wartet schon einer. Ganz sicher.

Zumindest wenn ich so betrachte, was so die Leben der anderen ausmacht.
Da komme ich mir auch vor wie auf einem Basar.

Einer im Himmel allerdings. Und der oder die Schöpfer bietet gerade frisches Hirn in der Theke an. 10 Euro das Kilo. Zum Sonderpreis eben. Ein echter Schnapper.

Ist den meisten allerdings schon zu viel. Die nehmen dann lieber einen etwas schöneren Körper für ein paar Cent mehr. Und wenn das nicht geht, dann wird er eben später direkt auf dem Planeten verschönert.
Schnipp-Schnapp und ein wenig Botox irgendwohin gespritzt – schon passt es doch zumindest für den Dschungel. Nicht den alltäglichen in der Stadt. Ich meine schon den anderen.

Was soll es, ich gehe weiter voran und blicke nicht zurück. Zumindest nur ungern. Aber beim nach rechnen bin ich eben weiterhin bei der D-Mark. Kann ich nix tun. Und beim Aufregen über die Preise irgendwie auch. Obwohl wir in Deutschland ja auch auf ganz hohem Niveau meckern. Sagen die Politiker ja immer. Oder lamentieren. Aber eben nicht demonstrieren. Außer es geht um einen Bahnhof.

Können wir ja wenigstens. Aber eben nicht Flughafen. Was war denn da nochmal? Reden wir lieber nicht über die letztlichen Kosten. Bei der Hamburger Pracht Leiche waren es am Anfang ja auch knappe 70 Mios. Am Ende dann halt 700. Was soll es schon? Die paar Peanuts mehr oder weniger. Wenn schon ein Vorstand bei VW für knappe 13 Monate gute 12 Mios bekommt und eine Rente von 8000 Euro…was soll der Geiz? Wir ham es doch!

Stellt sich mir als Steuerzahler immer wieder bei jeder neuen Bauleiche oder Stellenbesetzung die bange Frage:

Was letzte Preis?

Weisse Bescheid, ne?

Getürkte Wahrheiten

Lieber Tagesbuch,

lassen mich seit ein paar Jahren ja nicht mehr los. In den letzten Wochen sogar wieder verstärkt. Schließlich stirbt die Wahrheit meist zuerst…und heute wird es eher ernst. Hin und wieder ist es eben nicht anders zu ertragen als mit Kritik…

Da erdreistet sich ein Pressesprecher eines noch im Bau befindlichen deutschen Flughafens doch tatsächlich, die ganze Wahrheit, und nichts als die Wahrheit auszuposaunen. Und was passiert dann gleich im Handumdrehen?

Genau, er wird entlassen. freigestellt. Von der Arbeit befreit. Von der ganzen Last, die ihm sicherlich auch stark vom Herzen gefallen sein dürfte – nachdem er sich einmal mit der sprichwörtlichen Verpulverung von Steuermilliarden eingehender befassen durfte.

Frei nach dem Motto: es darf nicht sein was nicht sein darf!

Oder wie im Mittelalter, wo man ja den Überbringer der Nachricht köpfte – weil man am Inhalt der Nachricht selber kaum was ändern kann.

Ist quasi wie ein Fußballspiel, welches so lange läuft, bis der richtige gewinnt.

Oder mit Referenden, die man so lange durchführt, bis das richtige Ergebnis herauskommt. Wobei richtig hier natürlich von der Kapitalkraft des jeweiligen Befragenden abhängt. Und auch, ob man ein Referendum dann auch überhaupt ernst nimmt. Oder, wie bei uns in der Republik, gar nicht erst durchführt, weil das Volk einfach unmündig ist. Das hat es vor knapp 100 Jahren ja bewiesen. Überhaupt findet man derzeit einige Parallelen zur Weimarer Republik. Aber dazu vielleicht mal ein anderes Mal mehr.

Muss man sich auch also mal vor Augen halten. Da wird im Jahre 2006, medienwirksam zur Fußball-WM im eigenen Lande, der erste Spatenstich zum Neubau eines Hauptstadtflughafens getan. Und anvisiert werden, neben einer Milliarde an Baukosten , knapp ein Jahr, also Ende 2007, wahrhaftig die Fertigstellung. Mittlerweile sind aber schon 10 (!) Jahre vergangen, die Kosten sind auf über 6(!) Milliarden angewachsen – und kein Ende ist in Sicht. Nicht, dass wir überhaupt jemals ein Bauprojekt in der Republik innerhalb der beiden Grenzen Zeit und Geld fertig bekämen. Völlig illusorisch. Wie auch? Wenn man Einsteins Zeit-Dilatation voraussetzt, also dass bei hoher Gravitation bzw. Anziehungskraft die Zeit gekrümmt wird, dann ist es doch klar: bei solchen Schwergewichten wie unseren windigen Politikern und den ganzen Baugrößen – da kann, durch die große Anziehungskraft der Kapitalgeber auf die Politiker schon mal die Zeit gekrümmt, gedehnt oder was weiß ich werden. Und Geld? Geld ist sowieso nur eine Illusion, dazu kommen wir später aber noch ausführlicher.

Also im Grunde kein Wunder – die soll es ja immer mal wieder geben – sondern leider eher bittere deutsche Realität. Medizin muss halt bitter schmecken. Vielleicht hat die Kanzlerin darum immer solche Gramfalten um den Mund herum? Wenn sie sich doch so sehr grämt, warum dann nicht den Weg frei machen für eine erfrischend NEUE Politik ohne das Kohl’sche aussitzen? Aber ich werde hier schon wieder politisch – das möchte ich ja eher vermeiden. Denn die dümmsten Kälber wählen eben ihre Metzger selber. Jeder kriegt eben das, was er auch verdient.

Und dann stellt sich in dem Rührstück um den deutschen Flughafen in Berlin doch glatt so ein popeliger, kleiner Pressesprecher hin – und meckert und zetert. Ich meine jetzt nicht den Pressesprecher der Kanzlerin. Der dreht ja eher an der Wahrheit so lange herum, dass am Ende keiner mehr weiß, was eigentlich Sache war. Oder man sitzt es, wie gesagt, einfach aus. Oder man ist gleich bestürzt. Man kennt das ja. Wenn da mal nicht nur die Diplomarbeit abgekupfert ist…

Aber so etwas einfach ungefiltert in einer Presseerklärung herauszugeben! Die Wahrheit! Wo sind wir denn? Das geht natürlich gar nicht. Nestbeschmutzer! Fast so, als wenn man einen ausländischen Staatspräsidenten mit satirischen Mitteln hier im Inland unmittelbar angreift – und die Mutter der Nation ergreift Partei. Und setzt sich damit einfach über bestehende Gewaltenteilung hinweg. In dem sie vorab schon verurteilt und Recht spricht. Oder das Parlament einfach Gesetze verabschiedet, die von vornherein Verfassungswidrig sind.

Kann man in all diesen Fällen nicht einfach mal bei der Wahrheit bleiben und zum Beispiel einen Despoten und Diktator auch wirklich Despot und Diktator nennen? Und einen Bruch der Demokratie auch als solchen bezeichnen? Scheinbar nicht. Es gibt halt immer noch Paragrafen, die zu Zeiten des Kaisers (‚Majestätsbeleidigung‘) eingeführt wurden und irgendwie die Jahrhunderte überleben. Weil keiner abändert solange man nicht aktiv wird. Seltsames Politikverständnis. Da wird dann lieber eine neue blaue Plakette eingeführt um das Abwracken 2.0 einzuleiten. Hat nix mit Wacken zu tun. Gott bewahre! Die armen Festivalbesucher. Würde ich doch nie über einen Kamm scheren mit diesem Pack…

Oder, ein weiteres Beispiel, man besitzt ein Unternehmen, mit dem man weltweit irrsinnige, ja wahnwitzige Gewinne einfährt, in dem man Telefone verkauft – nur 80 mal so teuer als es früher der Fall war. Und die anfallenden Gewinne aus den Verkäufen versteuert man dann irgendwo anders in der Welt. In einem Land, in dem man, sagen wir mal, so ein Prozent als Gewinnsteuer bezahlen muss. oder auch gleich gar nichts. Oh wie schön ist Panama! Und wie unschön ist Solidarität und der Gedanke daran! Man nutzt die Infrastruktur und die Menschen – aber Steuern zahlen? Bin ich blöd? Nun, als kleiner Mann bleibt einem nicht mehr als brav abzuführen. Wird ja schon zwangsweise getan. Auf dem Lohnzettel ersichtlich. Aber als globaler Konzern mit dem humanitären Ansatz, das Kapital ohne Rücksicht auf Verluste zu vermehren – was stört einen da schon die Solidarität? Oder auch Rücksichtnahme? Weder auf Verbraucher noch auf Umwelt. Bringt ja keinen Profit.

Wir leben eben heutzutage in einer vollkommen neuen Welt. Da bekommen bisher allseits bekannte Begriffe vollkommen neue Bedeutungen. Getürkt ist etwas nicht etwa, weil wir es mit Despoten oder gar Diktatoren zu tun haben, nein, weit gefehlt. Auch wenn du jetzt an genau so etwas denkst. Der Begriff ‚getürkt‘ selber kommt von einem im 18.Jahrhundert, zur Zeit von Friedrich dem Großen, als Weltneuheit vorgestellten Schachcomputer, bei dem vor dem für alle einsehbaren Schachfeld eine mit orientalischer Kleidung versehene Puppe saß, welche angeblich die einzelnen Züge mit einer ausgeklügelten Mechanik im Inneren eines Kastens berechnete und dann eigenhändig ausführte. Im Kasten selber saß aber ein kleiner Mensch. Man kam dem Treiben schnell auf die Schliche – und fortan war eine Sache ‚getürkt‘.

Fast so, wie uns die weise Politik wahr machen will, dass die Märkte und das Finanzwesen solch undurchschaubare Kästen sind, bei denen man eher ehrfürchtig den Banken und Großfinanziers zuschaut – ein Wunder, dass diese die Hintergründe verstehen und durchblicken! Und falls nicht und alles an die Wand fährt wie schon mehrfach geschehen, dann steht ja der Steuerzahler bereit und hilft mit seinem Ersparten und den allseits beliebten Steuermilliarden. Die haben wir dann plötzlich ja auch  ENDLOS zur Verfügung.

Genauso könnte man also heute von getürkten Wahrheiten sprechen. Man lässt also das Volk lieber in dem Glauben gewisser Wahrheiten – um sich selbst nicht mit bohrenden Fragen zu konfrontieren. Und um Antworten herum zu kommen.

Kennen wir alle doch aus dem Alltag nur allzu genau.

Mein Lieblingsbeispiel derzeit ist das tolle Mizellen-Wasser in der Werbung. Wundersames Wasser, welches bei der Anwendung spürbar alle Falten aus der Haut klopft und über Nacht den oder die Anwender mit der Haut einer 20jährigen ausstattet. Unbemerkt und ohne jede Qual. Fast ebenso unfassbar in der Wirkung wie die Beeren-Diät oder die Quark-Diät, welche jedes Jahr im Frühling durch den Blätterwald rauscht. Niemand weiß wie, und es funktioniert ja auch nicht wirklich. Und falls doch: dann war es die geheime Zutat, die wundersame Diät, Gott oder ein Panini-Sammelbildchen welches man auf dem Kaminsims mit Kerzenlicht im Dunkeln verehrt.

Dabei gibt es die Mizellen tatsächlich. Wer jetzt den genauen Ablauf der Entstehung von Mizellen herausfinden möchte, sei auf Wikipedia verwiesen. Erhellend. Kurzum: hier bilden sich kleine Klümpchen und die helfen angeblich gegen Falten. natürlich nicht, in dem sie sich in eben diese legen. Da geht jetzt keiner so genau drauf ein. Ein 30 Sekunden-Spot ist dafür auch zu kurz. Da müssen ja halbnackte Frauen gezeigt werden. Wobei, wenn man den Politikern folgen mag, dann ist auch das bald vorbei. Sexismus in Werbe-Spots: verboten! Besser. Dann glaubt den Mist wenigstens auch keiner mehr. So zumindest meine Hoffnung.

Und bei den Mizellen ist es im Grunde wie zuvor auch bei der berühmten Hyaluronsäure. Die war dann ja auch überall drin und unverzichtbar. Ich weiß auch gar nicht, wie ich mir ein Leben ohne Mizellen und Hyaluron noch vorstellen soll! Oder eben ohne Antioxidantien. Geschweige denn ohne Ionisiertes Wasser von den Polkappen. Mit einem Bagger frisch vom kalbenden Gletscher gehackt, mit Tauchern in Position manövriert um dann mit dem Tanker verschifft und anschließend portioniert und einzeln verkauft zu werden. Wer denkt da schon an die Umweltbilanz oder an CO2? Wenns schee macht! 14 Milliarden Jahre altes Wasser. Ob das noch gut ist? ich weiß ja nicht. Obwohl auch das Mindesthaltbarkeitsdatum (eine wundervolle deutsche Erfindung) längst nicht mehr das anzeigt, was es eigentlich sollte. Wegwerfmentalität mit eingeschlossen. Oder die bunten Ampeln. Wer achtet schon wirklich darauf? Die adipöse Gesellschaft sicherlich nicht. Bei denen muss die Verpackung schön bunt sein. Und am besten eben ionisiert und vom Mars. Oder wenigstens vom Mond. Raumfahrer-Nahrung. Herrlich.

Daneben eine kaum zu entziffernde Schrift in der Größe 0.0001 Arial, damit man auch auf gar keinen Fall etwas erkennt. Außer dem in fetter, einwandfrei lesbarer Schrift prangenden Markennamen. Und nicht nur gefühlte Quadrillionen an Inhalts- oder Aromastoffen. Alles ungefährlich. Alles natürlich. Wobei natürlich in diesem Fall heißt, dass es in unserem Universum herstellbar ist. Und in den letzten 20 Jahren noch keiner wirklich ernsthaft erkrankt ist. Wobei ernsthaft – wer will schon nach 20 Jahren den Zusammenhang zu einem damals verzehrten Yoghurt herstellen? Gut, in Amerika geht so was. Da steht auf den Produkten schließlich auch, dass man die Verpackung besser nicht mit isst. Wer so wahllos in sich hineinstopft. Was soll der auch schon groß wählen? Anderes Thema.

Ganz beliebt sind in der Aufzählung der tollen Zusatzstoffe ja auch die freien Radikale. Jetzt nicht die, die man mittlerweile in fast jeder Großstadt antrifft um gegen oder für etwas zu demonstrieren. Noch in den 80er Jahren war man damit der große Revoluzzer. Gern gesehen und etwas besonderes auf jeder Feier. Den Hippies der 60er Jahre angelehnt war man eben gegen alles und jeden. Und damit für das Leben. Warum? Ich weiß es ja auch nicht. Aber es war HIP.

Heute ist man eher gegen alles und jeden – und wird ganz schnell als Radikaler oder gar als Terrorist angesehen. Auch alle Maßnahmen, die man so ergreift, sollen ja vorrangig den Terrorismus oder diese Radikalen bekämpfen und eindämmen. Gewirkt hat das alles bisher nichts. Wie auch? Wenn jemand meint, er müsse sich in einer belebten Innenstadt in die Luft sprengen, dann wir der sicherlich vorher nicht noch über sein Handy den genauen Standort verraten. oder gar seinen Pass vor Ort verlieren. Oder einen Koffer mit irgendwelchen Schriften. Aber genau dies passiert. Fragt man sich: sind die zu doof? Wirklich so dämlich, dass selbst Nachbar Klawuttke drauf kommt und die Hintergründe erklären kann?

Oder aber sind wir schon so weit, dass wir Erklär-Fernsehen haben? Mit der kompletten Überwachung und dem Einheitsbrei um 20 Uhr? Alles getürkt. Und nächste Woche wird der Flughafen eröffnet!

Gut, welches Jahr habe ich jetzt nicht gesagt…und ein paar Milliarden mehr oder weniger – wen interessiert es schon? Wenn doch selbst von der EZB schon das Helikopter Geld angedacht ist. Fragst du dich, was das ist? Nun, ein lieber Onkel fliegt mit einem Hubschrauber über deiner Stadt und wirft einfach wahllos Geld ab. Welches man dann einsammeln kann. Wird sicherlich das Vertrauen in die Währung enorm stärken! Bei Nullzins versteht sich. Und Renten-Lücke. Fast so, wie eine Abwrackprämie für voll funktionsfähige Autos.  Nur  mehr hinten rum. Durch die Brust ins Auge. Nicht so ganz offensichtlich wie mit dem Hubschrauber. Verstehst du?

Wäre besser, die würden kein Geld sondern eher Hirn vom Himmel schmeißen. Aber solange hierzulande nicht 100 Prozent der Bevölkerung vegan lebt, würde ich nicht dafür garantieren wollen, was schlussendlich mit dem Hirn passiert…

Wer hat eigentlich beim Hirn mal auf die Inhaltsstoffe hingewiesen? Und müsste dort nicht auch eine Mindestnutzungsdauer vorgeschrieben werden? Eine Stunde am Tag?

Kein Wunder, dass man nicht mehr über den Rinderwahnsinn berichtet. Wenn eh alle davon betroffen sind.

WEISSE BESCHEID, ne?

Das Übersetzungsbüro

Lieber Tagesbuch,

für Leichte Sprache erklärt mir vom gestrigen Tage an, warum ich schon seit Jahren das Gefühl habe, ein Alien zu sein. Fremd auf diesem Felsbrocken im All namens Erde, fremd in meinem Land, meiner Stadt und oftmals sogar in meinem Körper.

Klar, nicht selten hat dieses Gefühl eher damit zu tun,  dass ich meinen Fleischsack mit einer Überdosis alkoholartiger Substanzen derart schnell konfrontiert habe, dass dem armen physischen Ausdruck meiner Existenz nur eine simple Lösung bleibt: sich zu erbrechen.

Da kann man sich dann schon mal fremd im eigenen Körper fühlen, wenn sich alles dreht und man sich eher auf einer Achter oder gar 16erBahn wähnt.

Und sind wir doch mal ganz ehrlich, wie oft war dir in deinem Leben schon so richtig zum kotzen zu Mute?

Und das eher nicht wegen eines seltsamen Mageninhalts oder einer allzu kurvenreichen Strecke in den Schweizer Alpen auf der Flucht vor den deutschen Steuerfahndern, die nur mit einer kleinen, silbrig-glänzenden CD bewaffnet versuchen, dir, dem Beelzebub der Steuerhinterziehung, die Flötentöne beizubringen? Oft, ich weiß. Aber dies soll hier nicht das Thema sein.

In manchen dieser Kotzanfälle ist es aber auch nur das Unverständnis über einen nicht einmal sonderlich  komplizierten Sachverhalt.

Da könnte man einfach kotzen weil einem danach ist.

Und genau um dieses Unverständnis teilweise oder sogar ganz auszuräumen – wenn man denn intellektuell dazu in der Lage ist, gerade beim Typus des Berufspolitikers habe ich da ja oftmals so meine argen Zweifel, aber dies ist ja auch weithin bekannt – also um auch noch die letzten Fragen zu beantworten und absolute Klarheit zu schaffen, da gibt es nun das Übersetzungsbüro der Leichten Sprache.

Bevor ich dir in kurzen, verständlichen, klaren und leichten Sätzen erkläre worum es sich dabei handelt, sollten wir noch ein Wort zum gerade erwähnten Berufspolitiker verlieren.

Sicher, man kann ja immer einräumen, die lieben Abgeordneten MÜSSEN nicht immer alles verstehen, was sie so den lieben, langen und sicher auch sehr anstrengenden Tag im noch weitaus anstrengenderen  Parlament vor sich hin beschließen. Aber schön wäre es schon, oder?

Wenn jemand mir zum Beispiel die Halbwertszeit für Plutonium etwas näher bringen möchte, um mir damit eingehender klar zu machen, dass ich weit über 20 Tausend Jahre auf den von mir verursachten Müll aufzupassen habe, weil dieser in der Zwischenzeit stark strahlend ist und damit durchaus auch in der Lage alles andere im nahen Umfeld zu kontaminieren – dann kann man einer neuen Energiequelle im lockeren Gespräch ja durchaus auch schon einmal etwas skeptischer eingestellt sein. Wenn man nicht gerade einen etwas größeren Koffer unter seinem Schreibtisch in der Staatskanzlei gefunden hat.

Allerdings gäbe es unter solchen Umständen wohl auch kein BER oder irgendwelche Philharmonien an größeren Flussläufen. Oder zumindest nicht zu solchen Preisen und mit diesen Folgen. Sollte man doch annehmen.

Apropos: hat man ja gerade in dieser Woche auch wieder einmal festgestellt, dass bundesbananikanische Großbauprojekte im Schnitt IMMER 30 Prozent teurer werden als ursprünglich geplant. Im Durchschnitt wohlgemerkt. Fragt man sich glatt, ob bei der Planung und Veranschlagung solcher großen Bauvorhaben nicht auch meine Omma das letzte Wort haben könnte. So als ultima ratio.

‚Nix, datt is zu teuer.‘

‚Mensch Omma, datt soll doch der tollste und größte und beste und schnellste und überhaupt deutscheste Flughafen auffer Welt werden!‘

‚Nix. Dann kann ich wieder nicht schlafen wenn ich durch Zufall mal in Berlin übernachte. Nene, die haben doch auch schon ein paar Flughäfen. Is zu teuer. Auch mit dem ganzen Brimborium dabei. Schluss, Aus. Datt machen wir nich!‘

‚Och Mensch Omma!

Spricht es aus und in der Tagesschau am Abend hört man dann so tolle Sätze wie:

‚Auch das Bundesrepublikanische Großbauprojekt des Flughafenneubaus in Berlin wurde heute mittag vonne Omma abgelehnt. Nach der Elbphilharmonie, dem unterirdischen Stuttgarter Bahnhof und der eigenen Weltraumstartbasis in Andernach am Rhein ist dies damit das vierte Bauprojekt in Folge, welches mit der Begründung, es sei zu teuer, von der Omma abgelehnt wurde. Vertreter der Wirtschaft und der Bauindustrie in der Republik sind bestürzt und befürchten nun Einbußen bis hin zu klaren Einbrüchen in der Konjunktur.‘

Und?

Ich fände es herrlich.

Wenn man sich so alljährlich unser geliebtes Schwarzbuch anschaut, dann wird einem oft ganz schwarz vor Augen. Und dann könnte man kotzen. Da hätte der kluge Hausfrauensachverstand einer nur mittelmäßig begüterten Omma eben schon ausgereicht, um diesen Irrsinn zu verhindern. So meine Meinung.

Oder man institutionalisiert das ganze. Eben mit einem Übersetzungsbüro. Um das tägliche Geschwurbel in für alle verständliche Worte zu kleiden. Da würde die Nachricht im Staatsfernsehen der BRD dann nur noch lauten:

‚BER machen wir nich mehr – is zu teuer!‘

Das versteht doch wenigstens jeder! Jetzt nicht direkt warum genau eben dieses Projekt. Aber halt die für jeden verständlichen, wichtigsten Gründe. Ohne großes Palaver.

So könnte man sich dann auch die große Politik vorstellen.

Also keine schwülstigen Reden über Bestürzung oder tiefe Betroffenheit. Nein. Tacheles.

‚Wenn der Herr Putin da jetzt nicht seine Waffen mit der kompletten Armee abzieht und da nicht langsam mal Ruhe ist im Karton, dann gibt et richtig Laffka. Sacht die Omma.‘

Herrlich. Omma for President sozusagen.

Also quasi so, wie es bald in den USA auch sein wird. Zumindest reden dort ja auch alle vom Untergang der Demokratie.

Ich sag es ja, wäre sowohl hier als auch dort ganz gut.

Nach über 100 Jahren ist es mir auch nicht mehr ganz so klar, warum ich mir dieses tägliche Geschwafel anhören muss, wenn dadurch nur Aktionen im Hintergrund, Korruption oder sonstige Vorteilnahme gedeckt wird.

Letztlich soll das Büro aber ganz andere Aufgaben, leider, übernehmen. Es soll behördliche Anweisungen in ein deutsch übersetzen, welches auch der gemeine Bürger versteht. Nein, nicht der Wutbürger. Eher so du und ich. Dass man mit diesen Maßnahmen  implizit klar macht, dass sich die Politik und die damit zusammenhängenden Behörden nun schlussendlich ganz vom Bürger und seiner Sprache entfernt haben, das ist dabei jedoch nur nebensächlich. Was hat man schon davon, wenn einen das eigene Volk nicht mehr versteht?

Geschweige denn die Zugereisten? Welchen Eindruck hat man als Außenstehender von einer Behörde, die eine simple Übersetzung braucht, um sich verständlich auszudrücken?

Nicht, dass ich mich an dieser Stelle über Menschen mit Behinderung lustig machen oder deren Probleme klein reden möchte, weit gefehlt. Ich finde es eher sonderbar, dass man sich nicht verständlich auszudrücken vermag und hierfür noch Bürokräfte beschäftigen muss. Fragt man sich glatt, wer hier die Behinderung hat…

Und man fragt sich sofort, wer überhaupt noch in der Lage ist, in dieser Republik eine Steuererklärung ordentlich und vor allem Ordnungsgemäß auszufüllen – wenn das schon der gebildete und versierte Herr Hoeness nicht richtig schafft. Der Arme.

Geschweige denn von den ganzen Mitbürgern zu reden, die weder Schreiben noch Lesen können. Die armen Parlamentarier. Klar, dass man dann ein Übersetzungsbüro braucht.

Könnte ich auch langsam gebrauchen, verstehe das hier alles ja schon lange nicht mehr…

WEISSE BESCHEID, ne?